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Baugeschichte

Die Bedeutung der Burg und Ihre Baugeschichte.

Greifenstein war ein wichtiges Glied im Verteidigungssystem der Donaulinie. Die Festung beherrschte durch ihren freien Blick in die Ebene einen Großteil des Tullner Feldes und vermochte die Straße an der Donau zu kontrollieren und zu sichern. Auch dem Eroberer konnte sie harten Widerstand entgegensetzen. Auf der unteren Felsstufe des Hanges erbaut, bietet sie eine gute Talsicht und nützt den hier noch vorhandenen Grundwasserspiegel, was für die Versorgung einer Burg von größter Wichtigkeit war. Die Überlieferung berichtet auch noch von einer Zisterne im Hof. Ungünstig für den Verteidiger ist die darüber liegende Felsstufe, da von hier aus die Burg leicht beschossen werden konnte. Dem jedoch begegnet der mächtige Turm (Bergfried). Schützend stellt sich dieser der Breite und Höhe nach mit seinen über zwei Meter dicken Mauern vor den Wohntrakt. Sein Grundriss ähnelt einem Rhombus, dessen spitzer Winkel dem ansteigenden Berg zugekehrt ist. Durch diese Stellung vermochte er die von der Höhe hart anprallenden Geschosse links und rechts abzuleiten. Die Außenmauern des Wohntraktes (Palas), die durchwegs auf Naturfels gebaut wurden, sind wesentlich schwächer, sie sind etwa eineinhalb Meter stark; auf dem steil abfallenden Gelände boten sie jedoch genügend Schutz. Heute ist das ursprüngliche Bild der Burg durch den Umbau im Zeitalter der Romantik verwischt. Genaue Messungen und Untersuchungen ergaben, dass die Grundmauern durchwegs erhalten sind und einer einheitlichen Bauperiode angehören. Somit geht auch der Wohntrakt auf die älteste Bauzeit zurück. Der Turm allein hätte einer wehrhaften Besatzung nicht genügend Raum geboten. Eine Mauer (Bering) umschloss zuerst das Gelände, die „Knappenstube“ dürfte der älteste Wohnraum gewesen sein. Diesem durch eine starke Mauer festungsartig ausgebauten Teil kam bei der Verteidigung neben dem Turm eine wichtige Aufgabe zu. Die übrigen Räume entstanden erst im Laufe der Zeit. – Die alte Zeichnung von 1797 zeigt noch ein kleines, zinnenbekröntes Vorwerk mit Pechnase als Riegel vor dem eigentlichen Eingang. Dieses dürfte Ende des 16. Jahrhunderts die auf der Zeichnung ersichtliche Form erhalten haben. Zum Eingang sei bemerkt, dass er sehr geschützt liegt. Der Angreifer konnte nicht nur von vorne, sondern auch direkt von oben vom Turm her beschossen werden. – Auf Vischers Stich von 1672 sind auch die Vorwerke zu sehen, die durch das Wirksamwerden der Feuerwaffen als Abschussbasis nötig waren.

Um 1700 nach der siegreich überstandenen Türkengefahr verloren die Burgen an Bedeutung. Der Sitz der Herrschaft wurde nun das punkvolle Barockschloss, das alle Bequemlichkeit bot und den luxuriösen Ansprüchen der Zeit genügte. Das Leben auf der Burg war beschwerlich; die dicken wetterausgesetzten Mauern gewährten bei einem strengen Winter nicht ausreichen Schutz, finstere, rauchige Räume verleideten den Aufenthalt dort. Diese Tatsachen stehen in keinem Verhältnis zu der Vorstellung, die der Romantiker von den Burgen hat. Kein Wunder, dass schon im 16. Jahrhundert der Verwalter der Passauer seinen Sitz nach Königstetten verlegte.

Die verfallenen Festungen gerieten allmöglich in Vergessenheit. Im 19. Jahrhundert, im Zeitalter der Romantik jedoch, feierten sie ihre Auferstehung. Die Jugend begeisterte sich an der vaterländischen patriotischen Geschichte des Mittelalters, sie schuf ihre Kunstwerke unter dem Eindruck der Gotik, und erachtete es als ihre Aufgabe, den stolzen Burgenbau wieder neu zu beleben. Durch die Freiheitskriege gefördert, erfährt diese Haltung eine weitere Verbreitung. Auch das hier aufgenommene Gedicht Körners entspricht in seiner Grundstimmung jener Zeit. Einer der Größten Förderer dieser Bestrebungen, die später im Historismus ihre Fortführung erfuhren, war Fürste Liechtenstein. Er baute viele Burgen aus, schuf künstliche Ruinen und erneuerte auch Burg Greifenstein. Der Turm erhielt einen Rundgang, im Verlies wurden zwei Türen ausgebrochen, die Kapelle entstand im gotischen Stil, die Wohnräume wurden neu aufgebaut und das Dach mit einem Zinnenkranz geschmückt. Das Söllergewände ist erst später eingesetzt worden. So ist die Burg im Wesentlichen auch noch erhalten. Im Jahre 1935 tauchte ein Plan auf, sie innen ganz modern als Wohnsitz eines Sammlers umzugestalten. Die Wiener Kunstgewerbeschule arbeitete unter Oskar Strnad Pläne dafür aus. Der interessante Vorschlag Robert Pommerenkes ist in der Zeitschrift „Moderne Bauformen“, Jahrgang 1934, Heft 1, veröffentlicht. Die Realisierung dieses Planes kam nicht zustande, und so blieb der Charakter dieser reizvollen kleinen Burg gewahrt. Auch die jüngsten Adaptierungen haben auf die Eigenart dieses historischen Bauwerkes Rücksicht genommen.